Einmal im Jahr rücken weltweit Menschen die mentale Gesundheit in den Fokus: Am 10. Oktober ist wieder World Mental Health Day.
Dieser Tag ist für mich ein Moment, um innezuhalten und zurückzuschauen auf meinen Weg. Das Thema psychosoziale Gesundheit begleitet mich seit inzwischen 13 Jahren beruflich. In dieser Zeit habe ich gelernt, dass die Wege, die Menschen gehen, um langfristig im Gleichgewicht zu bleiben, sehr unterschiedlich sind. So praktisch in anderen Bereichen des Lebens Kochrezepte und genaue Prozessvorgaben vielleicht sein mögen: Was jede*n Einzelne*n von uns glücklich macht, ist ein individueller Weg. Wir müssen diese Arbeit selbst machen – es gibt keine vorgefertigten Lösungen oder Standards, die immer funktionieren. Der Weg entsteht ausschließlich beim Gehen.
Doch auf diesem Weg kann es Abkürzungen geben. Manchmal kommen sie in Form von Büchern daher, die uns zum richtigen Zeitpunkt finden. In anderen Fällen sind es Empfehlungen für Musik oder Ausstellungen. Dann sind es die Arbeiten von Künstler*innen, die uns berühren und uns in einer Fragestellung den nächsten Hinweis gehen. Manchmal sind es auch Begegnungen mit Menschen, die uns daran erinnern, was uns wichtig ist und uns zurück auf unseren Weg bringen. Diese Inspirationen kommen manchmal auch in der Natur, wenn wir schon etwas länger wandern, sich der monkey mind langsam beruhigt hat und wir beginnen wahrzunehmen, was sich uns zeigt. Bei einem Rundgang durch unseren Garten bekommen wir eine Idee für einen anderen Lebensbereich. Manchmal brauchen wir noch nicht einmal unser Zuhause verlassen: Mit dem gewohnten Blick aus dem Fenster entdecken wir plötzlich etwas, das wir nie zuvor gesehen haben.
Doch das Leben bleibt ein Mysterium. Wir werden nie sicher wissen, was uns als nächstes begegnet und was davon uns berühren wird. Wir wissen nicht, welches Buch uns in der Bibliothek zufällig ansprechen wird. Wir wissen nicht, welche Begegnung mit einem Menschen uns berühren wird. Vielleicht ist es der beiläufige Kontakt in der Bahn, ein Gespräch mit der Nachbarin oder der kurze Austausch an der Supermarktkasse. Wir wissen es nicht. Das Leben entzieht sich unserer Steuerung.
Der Wunsch ist groß, das Leben mit unseren Entscheidungen in eine positive Richtung zu beeinflussen: Doch wir wissen nicht, was davon wirklich zu unserem Wohlbefinden beitragen wird. Wir können die Bedeutung einer Erfahrung schlicht nicht vorwegnehmen oder vorhersagen. Was uns bleibt, ist eine Ahnung oder eine Vorstellung, die sich im Raum unserer Gedanken abspielt. Gedanken sind nur Gedanken.
Alles, was wir tun können, ist mutig zu sein, eine Entscheidung zu treffen und loszugehen. Sobald wir in Bewegung kommen und den Dingen wirklich begegnen, kann sich das Leben entfalten. Dann bleiben wir nicht zurück in unserer Vorstellung, sondern probieren aus, wie sich etwas ganz konkret anfühlt. Erst dann können wir erfahren, was uns wirklich glücklich und zufrieden macht.
Ein paar Jahre später, wenn wir darauf zurückschauen, wie sich unser Leben entwickelt hat, werden wir diese Situationen und Begegnungen möglicherweise als wichtige Wegpunkte erkennen. Wir bezeichnen sie dann vielleicht als eine schicksalshafte Begegnung oder einschneidendes Erlebnis. Im Rückblick, aus der zeitlichen und emotionalen Distanz fällt es uns leichter zu erkennen, dass dieser – vielleicht ganz unscheinbare – Moment jetzt, ein entscheidender Moment unseres Lebens ist.
Ich wünsche dir Mut, um die Besonderheit dieses Augenblicks zu sehen und die Entschlossenheit, alle Möglichkeiten zu nutzen, die in ihm stecken.
Berlin, 10.10.2020
„Mit Kraft durch die Krise. Gesund bleiben – auch psychisch.“ ist der Titel der 14. Berliner Woche der Seelischen Gesundheit, die in diesem Jahr vom 10.-20.10.2020 stattfindet. Hier findest du alle meine kostenfreien Angebote und kannst dich anmelden.