Wenn ich durch die Wälder Brandenburgs gehe, macht mich das sehr glücklich. In der letzten Wochen hatte ich viel Gelegenheit dazu. Es gab drei Momente, die mir besonders deutlich in Erinnerung geblieben sind und die ich mit dir teilen möchte.
Da gab es diesen einen Abend, an dem wir nur eine kurze Runde um einen See in der Nähe gehen wollten. Diese Tour war jedoch am Ende viel weiter als gedacht und dauerte dadurch auch deutlich länger als geplant. Anfang März werden die Tage zwar schon spürbar länger, sind dann aber doch recht kurz, wenn man erst um die Mittagszeit zu einer Wanderung aufbricht. Und so wurde es zunächst langsam dunkler, weil dicke Wolken und Wind aufzogen und uns einen Regenguss schenkten. Später wurde es dann nachhaltig dunkel, weil die von Wolken verdeckte Sonne unterging. Im letzten Grau des Tages erreichten wir einen Ort, von dem uns noch drei Kilometer Fußmarsch von unserer Unterkunft trennten. Wir waren sehr glücklich, denn wir wussten, dass es einen Radweg gab, der die Landstraße säumte. Inzwischen war es stockfinster und ein leichter Regen setze ein. Wir waren erschöpft und machten noch Witze darüber, wie es uns gelungen war, in so einer Situation zu landen. Wenn es nicht gerade aus Kübeln schütten würde, wäre alles in Ordnung – da waren wir uns einig. Fünf Minuten später schüttete es aus Kübeln und wir konnten uns das Lachen nicht verkneifen. Im Wald war es inzwischen stockfinster, wir liefen durch den prasselnden Regen auf einem Radweg an einer Landstraße entlang. Immer wieder kamen uns Autos entgegen, die mit dem Licht der Scheinwerfer den Weg vor uns beleuchteten. Plötzlich öffnete sich der Wald und vor uns zeigte sich ein großer See direkt neben der Straße in seiner majestätischen Schönheit. Wir blieben stehen, denn der See war wunderschön mit den leichten Nebelschwaden, die über der Wasseroberfläche schwebten. Wir hielten einen Moment inne und der Regen prasselte auf die Kapuzen unserer Softshelljacken. In diesem Moment waren wir sehr glücklich.
Da war dieser Moment, als wir von einem Feldweg in den Wald abbogen. Nach einer längeren Wegstrecke durch einen ausgedehnten Kiefernwald, lag vor uns eine Schonung, die an einen Bach und ein Feld grenzte. Plötzlich sprangen fünf Rehe aus dem Feld, kreuzten den Weg und liefen in das Dickicht der Schonung hinein. Ich habe in meinem Leben schon viele Schonungen gesehen. Diese war etwas ganz besonderes. Die Bäume standen sehr dicht beieinander und die Baumwipfel wiegten sich leicht im Wind. Der Anblick erinnerte mich an die alten Märchenfilme, die ich als Kind immer so gern geschaut habe und daran, wie wir im Wald immer Maronen gesammelt haben. In den Schonungen sind mir jedes Mal einige Spinnweben begegnet, die sich im Gesicht und in meinen Haaren verfangen haben. Hier in der Uckermark stand ich auf einem Feldweg neben der Schonung und beobachtete, wie sich die Baumkronen sanft im Wind wiegten und lauschte dem leisen Knarzen der Bäume. In diesem Moment war ich sehr glücklich.
Da gab es diesen Augenblick an einem See, der im Licht der Nachmittagssonne eines schönen Frühlingstages glitzerte. Als wir uns ihm näherten, raschelte es im Schilf und zwei Vögel verließen ihr Nest, das sie sich am Seeufer gebaut hatten. Offenbar hatten wir sie mit unseren Schritten aufgeschreckt. Leider kenne ich mich mit den heimischen Vogelarten nicht besonders gut aus, so dass ich nicht sagen kann, welcher Vogel es war, den wir da beobachtet haben. Sobald dieses Vogelpaar in der Luft war, machten sie ein Geräusch, das ich so noch nie gehört habe. Es hörte sich an wie das zarte Surren eines Ultraschallgerätes. Sie flogen ein paar Mal über den See und wir durften diesen wundervollen Klängen lauschen. So standen wir am Ufer des Sees, schauten auf das Wasser und lauschten diesem Vogelpaar, wie sie Runde für Runde über den See schwebten. Dicht neben uns, wiegten sich die Baumkronen im Wind und knarrten geheimnisvoll. In diesem Moment waren wir sehr glücklich.
Was haben diese drei Momente gemeinsam?
Diese drei Momente haben sich von selbst so ereignet – wir mussten nichts dafür tun. Wir waren nicht auf der Suche nach dem Glück – und haben auch nicht erwartet, dass es sich in diesem Moment zeigt. Wie so oft, sind es die vermeintlich kleinen Dinge des Lebens, die glücklich machen. Man muss nur bereit sein, diese Momente wahrzunehmen – und sie dann auskosten.
Berlin, 21.03.2019